Et voilà. Weshalb forsche ich als Bauingenieurin gerade in der Ethik zu Digitalisierung und KI? In meinen über 20 Jahren Berufs- und 7 Jahren Chinaerfahrung am Bau, von der Pike auf gelernt, habe ich im Arbeitsalltag als selbständige Bauberaterin ständig ethisch moralische Berührungspunkte. Als philosophische Autodidaktin folge ich der zunehmenden Begrüßung aus Wirtschafts- und Digitalethik, Philosophie, Geschichte, Theologie, Christlicher Gesellschaftslehre, dass die technologische Entwicklung sich den ethisch moralischen Fragestellungen annehmen möge, die Digitalisierung und KI mit sich bringen. Dabei konnte ich feststellen, dass die Zeit für tieferes Erforschen überreif, d.h. “5 vor 12” ist. Statt der Frage nachzugehen „Ist der neue Flughafen in Berlin Fluch oder Segen?“ widmet sich mein größer angelegtes Forschungsprojekt der unternehmerisch verantwortungsvollen Digitalisierung im Bauwesen, das heißt einer sinnvollen und sicheren Mensch-Technik Interaktion in der digitalen Transformation.
Die Disziplin Technikethik ist eine Bereichsethik und als solche Teil der praktischen Philosophie. Sie besitzt einen hohen anwendungspraktischen Stellenwert, weil es in technischen Entscheidungsfindungsprozessen um Bewerten und Abwägen von Vor- und Nachteilen, Chancen und Schaden geht. Technikethik gibt es schon lange; aufgrund der Digitalisierung kommen immer mehr Teilbereiche wie das Bauwesen expliziter zum Tragen. Gegenwärtig ist neu, dass Technikethik stark ausdifferenziert wird, aufgrund der vielfältigen Herausforderungen in einzelnen Praxisbereichen. Dabei gelingt es in meiner auf das Bauwesen bezogenen Studie, diese wissenschaftliche Brücke zwischen moralisch ethischen Fragestellungen und den neuen Technologien zu bauen, indem sie Gestaltungsmöglichkeiten einer im ethischen Sinne erfolgreichen, nachhaltigen digitalen Transformation im Bauwesen mittels einer angemessenen ethischen Reflexion kritisch beleuchtet und aufzeigt. Ich zähle mich zu den »Menschen, die wissen, worum es geht«, lebe es vor, mit Leidenschaft und Rock’n Roll Grenzen zu sprengen und neue Wege zu beschreiten, ausgerichtet am Gemeinwohl – auch gegen teils tradierte konservative Haltungen im Bauwesen. Mit meiner Forschung möchte ich aufrufen zu mehr Mut und Innovationswille, möchte Sprachrohr für sinnvolle Technik sein und denen eine Stimme verleihen, die nicht gefragt werden, aber mit den Ergebnissen im praktischen Baualltag gezwungenermaßen leben müssen.. Mein größtes Anliegen besteht in der Anregung einer grundsätzlich notwendigen Diskussion rund um Werte und Tugenden am Bau, die nicht besser eingebettet sein könnte, als im digitalen Transformationsprozess.
Wertakzente für die Baukultur 4.0
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird der tugendethische Ansatz von vielen Seiten neu belebt. Tugenden sind aus Perspektive des ethischen Diskurses schon immer von Relevanz und gewinnen im Praxisbereich des Bauwesens jedoch erst durch die fachübergreifende Auseinandersetzung an Bedeutung. Alte Werte und Tugenden erscheinen, insbesondere im Bereich des Bauingenieurwesens, als immer moderner und aktueller. Vertrauen, Klugheit, Gerechtigkeit, Stärke und Maß bilden verlässliche Stützen bei Entscheidungsabwägungen und Rahmenlinien für das innere Ausrichten von Tun und Handeln in einer Gemeinschaft; sie sind „Türangeln, Dreh- und Angelpunkte, Wendepunkt“, lateinisch cardo. Sie sind richtungs- und orientierungsgebend. Sie sind die Grundpfeiler des tugendethischen Ansatzes. Das Wort „Scharnier“ wurde im 18. Jahrhundert aus dem Französischen entlehnt. Französisch charnière „Scharnier(gelenk)“ geht seinerseits zurück auf cardo, von dem auch das Wort kardinal, deutsch „grundlegend“, abstammt. Thomas von Aquin bezeichnet: „Eine Tugend heißt Kardinal- bzw. Haupttugend, weil an ihr die anderen Tugenden befestigt sind wie die Tür in der Angel.“ In meiner Studie übertrage ich grundlegende, moralisch ethische Prinzipien (=Scharniere) auf die sichere Gestaltung sinnvoller, neuer Technologien (=Tür), der sich der Mensch bedient. Sie stellt einen Erfolgsfaktor für das Gelingen einer nachhaltigen, wertebasierten digitalen Transformation am Bau dar.
„Wir befinden uns mitten in einer Renaissance der Werteorientierung, die moralischen Werte gilt es zu implementieren und zu routinisieren“ [1]. „Ein wertschätzender Umgang in der Baubranche ist wichtig für den Erfolg bei der Digitalisierung“ [2]. Mir sind christliche Werte für eine gelingende ethische gemeinschaftliche Praxis wichtig, es „muss der Mensch im Mittelpunkt technologischer Entwicklungen stehen“ [3]. Das bildet den entscheidenden Erfolgsbaustein für eine menschengerechte, sinnvolle und nachhaltige Anwendung der KI. Zentral sind die gegenseitige Ergänzung von Mensch und Technik und die Diskussion zwischen Ingenieurwissenschaften einerseits und Ethik, Philosophie, christlicher Lehre andererseits. Es geht um den Menschen. Technik ist nicht mehr Selbstzweck.“ Der normative Gedanke ging in den 60er Jahren verloren. Mit zunehmender technologischer Geschwindigkeit hat er sich wieder etabliert, mit steigender Tendenz. Technik schafft neue Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten, dabei gilt es, diese mit der Sinnfrage abzugleichen, die menschenwürdigen Technologien und den sinnvollen Einsatz von KI zu lokalisieren, umzusetzen, zu kontrollieren und zu bewahren und zu schützen. „Vertrauen schaffen, Offenheit und Fairness sind Schlüsselfaktoren, denn ethisch vertretbare Produkte sind regelmäßig wettbewerbsfähiger. Für den Erfolg und die Akzeptanz sind in Projekten, wie dem KI-Innovationsparks sind ethische Aspekte von wesentlicher Bedeutung“ [4]. Die Unternehmersicht unterstreicht: „Unternehmen sind produktive Sinngemeinschaften, die nur durch ein starkes WIR dem ökonomischen Faktor erfolgreich und nachhaltig gerecht werden können“ [5].
Der Baubranche kommt eine Sonderstellung zu: nichts ist so geprägt wie der individuelle Herstellungsprozess jedes einzelnen Bauwerkes, im engen und verlässlichen Miteinander eines umfassenden Netzwerkes von Bauprojektakteuren. Der Bau hebt sich durch individuellen, dadurch einzigartigen und höchst anspruchsvollen Herstellungsablauf deutlich von anderen Branchen ab. Bauingenieuren obliegt eine besonders hohe Verantwortung: Lebens- und Wohnraum mit höchster Qualität für Menschen zu schaffen und dabei ressourcenschonend zu arbeiten. Einerseits Ressourcen, Klima und Umwelt zu schonen, den Bauzyklus von Projektidee bis Rückbau und Recycling zu durchdenken, andererseits optimal in das Landschaftsbild eingebettete und effizient, nachhaltig betriebene, für Generationen nutzbare, ansprechende Bauwerke und Städte zu schaffen. Der Bauingenieur schafft Orte des Wohnens, Arbeitens, der Begegnung, und wird dabei von sich ständig neu aufkommenden Technologien unterstützt. Der Verantwortung, diese Technologien in ihrer Gestaltung, Ausführung und Nutzung von Bauwerken sinnvoll– das heißt im Sinne wirtschaftlicher Effizienz (Baubudget, -qualität und -zeit), Abläufe effizienter gestaltend, ressourcenschonend, den Menschen bestmöglich unterstützend – nachhaltig einzusetzen, gilt es wertebewusst und Mehrwert und Identität stiftend nachzukommen – weit über technischen Standards und Regelwerke hinaus. Ich halte eine ganzheitliche Herangehensweise und den Diskurs, in dem Betrachtungen zu Entwicklung und Einsatz von Technologien mit den philosophischen, christlichen, sozialen zusammenfließen für unabdingbar. So kann die Entwicklung und praktische Umsetzung einer dem Menschen nützlichen KI im Sinne des Gemeinwohls erfolgen. Der von mir geschaffene Terminus „iEthics“ verweist auf die ethischen Grundsätze für das Bauingenieurwesen im verantwortungsvollen Umgang mit der Digitalisierung und KI; der Begriff steht für den Brückenschlag zwischen den drei Themenbereichen Ethik, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) im Bauwesen.
Der Blick in die Evolutionsgeschichte von Ethik und Technik zeigt, dass die Ergänzung Mensch-Technik zentral ist. Dieser Blick ist entscheidender Erfolgsbaustein, um die Weichen jetzt für eine menschengerechte, sinnvolle und nachhaltige Anwendung der KI zu stellen. Der Mensch trägt die Verantwortung, wie, wo und wann Technik sinnvoll eingesetzt wird, Technik ist nicht mehr Selbstzweck. Algorithmen, die ein „intelligentes Verhalten“ simulieren, sind für Informatiker Alltag, d.h. ein verschwindend geringer Anteil der Gesellschaft spricht diese Expertensprache und kennt sich mit KI aus. Hier liegt viel Verantwortung, wie Prof. Dr. Regina Ammicht Quinn, Leiterin des Arbeitsbereiches Gesellschaft, Kultur und technischer Wandel am IZEW der Eberhard Karls Universität Tübingen feststellt. KI muss deshalb erklärbar gemacht, Bewusstsein gebildet, der Mensch sensibilisiert werden. Vertrauen in diese neue Technik kann nur aufgebaut werden, wo Zugang besteht. Das betrifft nicht nur die technischen Abläufe, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz digitaler Technologien, KI und Automatisierung der technischen Prozesse. Technik muss verstanden, nicht „blind“ vertraut werden. Vertrauen in die Technik und ihre Akteure ist wandelbar und muss immer wieder neu gewonnen werden. Dabei muss zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz klar differenziert werden.
Umfragen belegen, dass die KI zukunftsweisend und als Bereicherung zu verstehen ist, insbesondere auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene. Im Sinne des Vorsorgeprinzips, mithilfe von Risikoabschätzung bzw. -bewertung zur vorherigen Vermeidung von Belastungen oder Schäden an Mensch und Umwelt, ist Technik nicht nur eine Frage des Könnens, sondern des Sollens und des Dürfens. Bei aller menschlichen Freiheit sollte das Verständnis von Fortschritt zu einer Technikgestaltung führen, die für uns Menschen gesünder, menschlicher und sozialer ist [6]. Fortschritt hilft Kreativität zu entfalten und Lebensqualität zu verbessern. Aber: „Ich kenne kein wertfreies Handeln. Es kommt auf die Werte an, die uns leiten. Im Grundgesetz GG, Art.1, steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Wir müssen eine Wertediskussion auf allen Ebenen führen, … dies darf keine Marketingveranstaltung sein; wir müssen uns am Nutzen der Gesellschaft ausrichten ….“ [7].
Bei Auswertung von Experteninterviews in meiner Studie hat sich herausgestellt, dass Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Lehre, Forschung und Wissenschaften, Berufsverbänden und -kammern in der Auseinandersetzung mit digitalen Technologien und KI am Bau ethische Fragestellungen wahrnehmen und zunehmend diesen nachgehen und mögliche Vorbildrollen erkennen. Die Menschen, die das Bauingenieurswesen mit Leben füllen, sind gefordert, radikal umzudenken, alte tradierte Herangehensweisen abzulegen, Chancen und Potenzialen, die die innovativen Technologien bieten, offen zu begegnen und fachliche persönliche Kompetenzen daran auszurichten und neu aufzubauen. Der Dialog und Diskurs über die Gestaltung der Unternehmensverantwortung in der digitalen Gesellschaft erfordert eine neue Qualität der Auseinandersetzung. Die Umsetzung dieser Voraussetzungen stellt die Schlüsselkompetenz in Deutschland dar.
Das Institute of Ethics and AI der Oxford Universität in England lehrt das Fach „Ethik in KI für Ingenieure“ mit dem Ziel, Ethik als zum Ingenieursprofil gehörige Fertigkeit zu lehren (engl. „teach ethics as a skill“). Die Debatte um Technikethik, wie sie vor 50 Jahren von Ingenieuren belebt wurde, zielte genau darauf ab. Ingenieuren wird das Handwerkszeug für ethisch verantwortlichen Umgang mit KI, ethischen Fragen und Entscheidungsabwägungsprozesse ihres anschließenden Ingenieursalltags bereits im Studium zur Hand gegeben. Ein deutscher Dekan der Fakultät Bau weiß um die Verantwortlichkeit der Lehre [8]. : „Der Bedarf von neuen Digitalisierungstechnologien und KI im Bau zieht einen sehr hohen, darauf zugeschnittenen Ausbildungsbedarf des Ingenieurs von morgen mit sich. Der Stellenwert der Ethik in Zeiten der Digitalisierung ist sehr hoch. Die ausgebildeten Ingenieure müssen in ihrem ersten Job damit umgehen können, müssen Potenziale und Risiken der Technologien erkennen, hinterfragen und damit umgehen können.“
Aus dem geteilten Hintergrundwissen praktischer Anwendungsfälle in meiner Studie zeichnen sich der aktuelle Stand der Technikentwicklung, Tendenzen, Handlungsmotivationen, Bedürfnisse ab. Sie regen zur kritischen Reflexion über die Schwachstellen und tiefen Einschnitte auf die Gesellschaft an. Zur menschlichen und technologischen Freiheit in der Gestaltung von Handlungs- und Einsatzfelder und lebendigen Demokratie gehört insbesondere die Frage der Abgrenzung von Freiheit und Sicherheit: Welche Technik ist sinnvoll? Wo ist ihr Einsatz sinnvoll? Wo unterstützt sie menschliche Arbeit und wo macht sie sicherer? Wo entlastet sie? Wo verhilft sie zu mehr Effizienz? Wo hilft sie Kosten zu reduzieren? Welche Arbeiten können nur von Menschen ausgeführt werden? Nur mit diesem Anspruch können wertebasiert Entscheidungen im Bauwesen getroffen werden. Unterstützt die Technik uns Menschen? Welche Erwartungen haben wir? Worum geht es uns? Welche Techniken brauchen wir überhaupt? Können Werte Leitlinien für diese Technikgestaltung sein? Wie machen wir uns am besten vertraut? Alte Fragen, die neu – im Zuge der digitalen Transformation und KI (Mensch und Gesellschaft erstmals derart betreffend – gestellt und beantwortet werden müssen. Allgemein gibt es diese Debatte bereits in anderen Fachdisziplinen. Im Bauwesen fehlt diese gänzlich und diese Fragen werden mit der Forschungsarbeit der Autorin erstmals gestellt.
Meine Studie leitet aus möglichen Antworten Wegweiser für die sinnvolle und wertegeführte Digitalisierung und KI ab; die mir mitgeteilten, fundierten Werte aus der Expertenbefragungen in der Praxis bilden die Stützen, um ein ethisches Rahmenwerk für die digitale Transformation im Bauwesen aufzusetzen. Ethische Leitlinien können keine Ethik ersetzen, sie bieten jedoch Orientierung im Denken und Handeln. Deshalb ist es umso wichtiger, dass diese von der Geschäftsführung vorgelebt werden. Es kristallisieren sich Schlüsselfaktoren und Kernkompetenzen auf allen Ebenen heraus, die für die Baukultur 4.0 maßgeblich sind und im Idealfall zu einer Vorbildrolle und Qualitätssiegel des deutschen Bauwesens im In- und Ausland verhelfen. Gemeint ist eine deutsche Vorbildrolle des Bauwesens in der europäischen Gemeinschaft und im internationalen Vergleich, als Qualitätsmerkmal. Damit bietet meine Studie Antwort auf die Forderung der EU-Kommission [9] Berücksichtigung und Schutz von Werten und Grundrechten durch sorgfältige Abgrenzung zwischen maschineller und menschlicher Intelligenz und den achtsamen Umgang mit KI sicherzustellen. Die Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages [10]. gibt in ihrem Abschlussbericht „Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“ Handlungsempfehlungen für eine menschzentrierte KI zur Hand. Wichtiger Akteur ist das Deutsche Forschungszentrum für KI (DFKI). Die Daten-Ethikkommission (DEK) sieht den Staat in besonderer Verantwortung, ethische Maßstäbe für den digitalen Raum zu formulieren. Um diese Garantie gegenüber den Bürgern auch einhalten zu können, bedarf es international einer Position politischer und ökonomischer Stärke. Bemühungen um die langfristige Sicherung der digitalen Souveränität Deutschlands und Europas – das heißt, digitale Medien selbstbestimmt und unter eigener Kontrolle nutzen zu können und die äußeren Rahmenbedingungen zur Gewährleistung zu schaffen – sind daher nicht nur ein Gebot politischer Weitsicht, sondern auch Ausdruck ethischer Verantwortung. Die Römisch-Katholische Kirche legt 2020 den Unternehmen mit dem „Rome Call for AI Ethics“ [11]. erstmals eine verbindliche Erklärung zum Schutz der Ethik- und Werte-Prinzipien in der Künstlichen Intelligenz nahe. KI soll die menschliche Autonomie wahren, gesellschaftlichen Schaden vermeiden, fair agieren und erklärbar bleiben. Die Zeit ist also überfällig, Entscheidungsprozesse rund um diese Technologien wertegeführt zu gestalten. Technologie kann Probleme lösen, verschlimmern oder neue kreieren (Stichwort Dual-Use-Charakter). Digitalisierung und KI sind ethische Herausforderungen. Wichtigster Werkzeugkoffer, um diese anzupacken, bieten unsere menschlichen Werte- und Moralvorstellungen. Sie helfen in der Beantwortung von Fragen, ob und wie sich diese Technologien und Methoden mit unseren moralischen Vorstellungen vereinbaren lassen, welche Bedenken es gibt, welche Chance und Vorteile der Technik es aus ethischer Sicht zu nutzen gilt – im Sinne des gesellschaftlichen Wohles.
Ein Dreh- und Angelpunkt, um sich als Unternehmen im schnellen globalen Wandel vom Wettbewerb abzuheben, ist die von der Unternehmensführung vorgelebte und im Unternehmen kultivierte Ethik.
Werte und Sinn stiften – es scheint eine allseits präsente Gesellschafthematik zu sein, zu der Kirchen, Politiker, Führungskräfte, Personalabteilungen nach Methodik, Richtlinien, Kontrollmechanismen den richtigen Umgang suchen. Die Ethik ist heute gefragter denn je, denn sie ist zur vielseitigen Beratungsinstanz avanciert – in der Medizin, der Wirtschaft, der Politik beispielsweise. Die Ethik liefert oft die maßgeblichen Stichworte für öffentliche Auseinandersetzungen um Wissenschaft und Technik. Diese praktikablen, ethischen Richtlinien braucht es zur Orientierung im rasant sich entwickelnden digitalen Transformationsprozess und zunehmender Datenkomplexität gerade am Bau, als DEM volkswirtschaftlichen Treiber.
Um die Akteure, insbesondere im Bauwesen, auf den Ebenen Lehre, Bildung, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft im digitalen Transformationsprozess zu begleiten, in der wertebasierten Umsetzung zu unterstützen, zum fachübergreifenden interdisziplinären Miteinander zu führen, braucht es zusätzliche Mitstreiter, Plattformen, visionäre Kräfte und Macher.
Über die Autorin: Dipl.-Ing. (FH) Bianca Christina Weber-Lewerenz, Bauingenieurin und philosophische Autodidaktin, will der Komplexität der Problemstellungen rund um digitale Technologien und KI gerecht werden, sowie menschliche und technische Potenziale in Einklang halten. Mit dem Wunsch nach mehr Mut und Innovationswille möchte sie Bewusstsein durch Mehrwissen und Aufklärung stiften. Gerade vom Handwerk, wo viel Stärke, Selbstbewusstsein und Potenziale liegen, erwartet man diesen Mut. Die Veränderungen von Technologien und Wertekultur am Bau verfolgt sie seit ihrer handwerklichen Ausbildung zur 1.Maurerin Baden-Württembergs, Studium, sehr viel Praxis, Selbständigkeit, VDI MINT-Mentoring, Wirken bei den Spitzenfrauen Baden-Württemberg und nun in ihrem Forschungsprojekt. Von der Pike auf gelernt bis hin zur wissenschaftlichen Forschung, bindet sie ihr umfassendes Fachwissen mit ein, um praxisnahe, ethisch ausgerichtete Wege für eine erfolgreiche, nachhaltige digitale Transformation aufzuzeigen. Mit ihrer Exzellenzinitiative ist sie Vertreterin für eine sinnvolle, menschgerechte KI in der Bauindustrie. Ihre Erkenntnisse fliesen in Forschungsstudien, Konferenzen ein, u.a. in die T20 Konferenz 2021 in Vorbereitung der Entscheidungsvorlagen für den G20-Gipfel 2021 mit ein.
Studium Bauingenieurwesen Konstanz, Mainz und Stellenbosch, Südafrika. Leitung von Bauprojekten im In- und Ausland. 7 Jahre Arbeits- und Lebensmittelpunkt in Beijing, China. Selbständig als Bauberaterin. Seit 2014 Bianca Weber-Lewerenz Engineering. Seit 2019 Forschungsprojekt zu „Die unternehmerisch verantwortungsvolle Digitalisierung im Bauwesen – Ethische Grundsätze im Umgang mit der Digitalisierung und KI“. Sie publiziert in deutschen und internationalen Fachjournalen. Um wissenschaftliche und gesellschaftliche Aspekte ganzheitlich zu untersuchen, kooperiert sie mit Forschungseinrichtungen und Stiftungen.
Dieser Beitrag wurde von zwei anonymen Gutachter*innen gereviewed und durch das Team von philosophike redaktionell betreut.
[1] Wieland, Josef (2014). Ethik. Wirtschaftsethiker. Interview Bosch Global. 25. Februar 2020.
[2] Schmid, Thomas (2020). Digitale Transformation und Ethik im Bauwesen. Haupt-GF Bayerische Bauindustrieverband e.V. In: Interview mit Bianca Weber-Lewerenz am 2. März 2020 in München.
[3] Nothelle-Wildfeuer, Ursula (2020). Digitale Transformation und Ethik im Bauwesen. Theologin, AB Christliche Gesellschaftslehre, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. In: Telefon-Interview mit Bianca Weber-Lewerenz am 14. Dezember 2020.
[4] Mendler, Peter (2020). Ethik in der Digitalisierung und KI im Bauwesen. Referatsleiter “Industrie- und Technologiepolitik, Digitalisierung”, im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, Stuttgart. In: Telefon-Interview mit Bianca Weber-Lewerenz am 17. Dezember 2020.
[5] Schäfer, Mathias (2020). Ethik in der Digitalisierung und KI im Bauwesen. GF Mörk GmbH & Co. KG und Stellv. Vorstandsvorsitzender EMB Wertemanagement Bau e.V. In: Interview mit Bianca Weber-Lewerenz am 10. Februar 2020 in Stuttgart.
[6] Papst Franziskus (2015). Enzyklika Laudato si´. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Bonn. In: Krämer, Klaus. Schöpfung-Miteinander leben im gemeinsamen Haus. Herder Verlag, Freiburg. In: Nothelle-Wildfeuer, Ursula. Grundelemente einer christlichen Schöpfungskonzeption im Ausgang von der Enzyklika Laudato si´, Herder Verlag, Freiburg, S. 148ff.
[7] Hohmann-Dennhardt, Christine (2012). Arena „Werte und Wirtschaft”. Friedrich Ebert Stiftung. Juristin und Politikerin. In: Vortrag mit Podiumsdiskussion, Wertekongress am 30. Oktober 2012 in Berlin.
[8] Schmidt, Lothar (2020). Digitale Transformation und Ethik im Bauwesen. Dekan Fachbereich Bauingenieurwesen, HAW München. In: Telefon-Interview mit Bianca Weber-Lewerenz am 29. Oktober 2020.
[9] Europäische Kommission (2020). Weißbuch zur Künstlichen Intelligenz – ein europäisches Konzept für Exzellenz und Vertrauen. Brüssel, 1. Auflage 19. Februar 2020.
[10] Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages (2020). Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale, Abschlussbericht der Enquête-Kommission vom 28. Oktober 2020. Dokument No. 19/23800.
[11] Lebensakademie des Vatikans des Erzbischofs Vincenzo Paglia in Rom (2020). Römisch-Katholische Kirche: Rome Call for AI Ethics. Rom, 1. Auflage 28. Februar 2020.