“Nicht jeder Mensch kann in der Sprache, die er spricht, sein. Nicht etwa, weil er die Sprache nicht ausreichend beherrscht, sondern weil die Sprache nicht ausreicht.” ― Kübra Gümüşay, Sprache und Sein Diese Erkenntnis bildet eine der Grundlagen der feministischen Sprachkritik. Eine ihrer Mitbegründer*innen, die Linguistin Luise Pusch, kritisiert, dass das generische Maskulinum, also die ausschließliche Verwendung der männlichen Form, Frauen immer nur ‚mitmeint‘, sie aber nicht direkt gemeint sind (vgl. Pusch 4).
Aus Spaß am gemeinsamen Spiel(en): Gedanken zu einer performativen Ethik des Amateursports
Erfahrungsbericht „Egal wo du auch spielst, sind wir mit dabei…“ Es ist ein früher Sonntagmittag Ende November kurz außerhalb von München. Vor einem Eisstadion warten die ersten Familien auf den Einlass zum Schlittschuhlaufen. In der Halle findet derweil ein Spiel der Fraueneishockey-Bundesliga statt. Die einzigen Zuschauenden sind für das Gästeteam aus Berlin angereist und haben ihre Banner an den Banden angebracht. Knapp ein Dutzend Fans unterstützt die Mannschaft trotz der 7:0 Niederlage bis zum Ende. Mal mit und mal ohne Trommelbegleitung werden aufmunternde Gesänge angestimmt und die Fahnen geschwungen. Nach dem Spiel stehen Fans, Betreuer*innen und Spieler*innen beider Teams zusammen. Auch die „sportlichen Gegner*innen“ loben den fairen Support und die gute Stimmung, welche in dieser Sportart leider nicht alltäglich ist.
Call for Participation (CfP): Sport – Ethik – Politik [verlängert bis 30.11.22]
Mit unserem aktuellen Call for Participation wirft der philosophike-Blog die Frage nach dem Verhältnis zwischen sportiver Wirklichkeit und Konsum auf. Wir laden Sportinteressierte ebenso wie Forscher:innen dazu ein, mit klassischen Blogbeiträgen oder kreativen Formaten die politische und ethische Rolle des Sports zu untersuchen.
„Nicht mit Wut!“ – ‚Wucher, wucher‘ machte das Begehren
„Nicht mit Wut!“, schallt es durch den Raum. Ein neunjähriges Kind bearbeitet seine Deutsch-Hausaufgaben. Es ist inzwischen frustriert: oft schon hat es sich verschrieben. Musste immer wieder den Tintenkiller gebrauchen. Das Ganze wird langsam unsauber. Seit gefühlten Ewigkeiten sitzt es vor der Aufgabe, aber es will nicht gelingen. Das Kind verschreibt sich immer wieder, es wird wütend. „Nicht mit Wut!“ Die Mutter insistiert: „Nicht mit Wut!“ Sie wiederholt: „Nicht mit Wut!“. Sie insistiert wiederholt: „Nicht mit Wut!“
Kein verflixtes siebtes Jahr: Weshalb PEGIDA noch immer in Dresden demonstriert
Das Geheimnis von PEGIDAs langem Überleben ist die Ritualisierung und Selbstbezogenheit des rechtspopulistischen Straßenprotests.
Populismus: Eine Frage der zugrundeliegenden Herrschaftsverhältnisse
„Ein neues Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus.“ In den letzten Jahren haben viele Artikel zum Thema Populismus mit dieser Schlagzeile angefangen.[1] „Ein Gespenst geht um die Welt – Populismus“ – so war auch schon die Einleitung eines einschlägigen Sammelbands aus dem Jahr 1969 zu lesen.[2] Populismus ist kein neues Phänomen: Vor allem Mitte des 20. Jahrhunderts hat die politikwissenschaftliche Forschung zum Thema Populismus einen Aufschwung erlebt. Wissenschaftler:innen mit den unterschiedlichsten Ansätzen, wie Margaret Canovan, Stuart Hall, Ernesto Laclau, Cas Mudde und Karin Priester – um nur einige zu nennen – haben sich diesem kontroversen Thema gewidmet.[3]
Prolog – „Populismus und Demokratie“
Analog zu krisenhaften Großereignissen – genannt seien etwa die Euro- und Finanzkrise, die sogenannte „Flüchtlingskrise“ oder die Corona-Pandemie – hat der Rechtspopulismus Hochkonjunktur.[i] Mit seiner „Anti-Establishment-Haltung“, flankiert durch ethnisch homogene Gesellschaftsvorstellungen, stellt er die liberalen Demokratien vor große Herausforderungen. Sei es, weil er im Zuge jener Krisen gesellschaftliche Polarisierungs- und Spaltungstendenzen forciert, Mehrheitsbildungsprozesse in den Parlamenten nach Wahlen erschwert oder, wie in einigen Ländern Osteuropas besorgniserregend zu beobachten, die liberal-demokratischen Institutionen zunehmend in Richtung eines autokratischen Regimes aushöhlt. Vor diesem Hintergrund untersuchen insbesondere Sozialwissenschaftler*innen seit mehreren Jahren den partei- wie bewegungsförmigen Rechtspopulismus: Einerseits gehen sie dabei in empirischer Hinsicht seinen Entstehungs- und (elektoralen) Erfolgsbedingungen auf den Grund.[ii] Andererseits versuchen sie, das Phänomen „Populismus“ theoretisch-konzeptionell zu erfassen,[iii] um nicht zuletzt Handlungsempfehlungen für einen demokratietheoretisch angemessenen Umgang mit rechtspopulistischen Akteur*innen zu formulieren.[iv]
‘One Step Further’ – On Affects and Courage in a Foucauldian ethos
Today, I would like to talk about something that I find myself thinking about a lot, in my dissertation as well as in my private life. It has to do with emancipation and its relation to affects. And I would like to talk about this relation less in a sociological, but more in a social philosophical way.
Von der Kritik zur Evaluation
“Sie [die Bildung] ist zur sozialisierten Halbbildung geworden, der Allgegenwart des entfremdeten Geistes.” [1] Theodor W. Adorno Das Sommersemester 2020 stellt in vielerlei Hinsicht eine Umstellung im Universitätsbetrieb der BRD dar. In Folge des verstärkten Ausbruchs der Corona-Pandemie schließen ab dem 15. März bundesweit Universitätsgebäude; Veranstaltungen finden in Form von Vorlesungsvideos, Zoom-Konferenzen, Online-Chat- oder Online-Aufgaben-Formaten statt.
Kultur als „Vehikel der Anpassung“ – Ein Blick zurück auf Marcuse mit Gramsci
„Die administrative Aufsaugung der Kultur durch die Zivilisation ist das Ergebnis der etablierten Richtung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der sich ausweitenden Unterwerfung von Mensch und Natur durch die Mächte, die diese Unterwerfung organisieren und den sich erhöhenden Lebensstandard dazu benutzen, ihre Organisation des Kampfes ums Dasein zu verewigen“[ii] Vor dem zeithistorischen Hintergrund der sich anbahnenden, weltweiten Studierendenproteste, die für eine Demokratisierung und Öffnung der Universitäten kämpften, veröffentlichte Herbert Marcuse 1965 den Aufsatz „Remarks on a Redefinition of Culture“[iii], in dem er für die Einrichtung von „Elite“-Universitäten plädiert. Wie Marcuse zu dieser den Forderungen der Studierenden scheinbar widersprechenden Idee kam, soll im Folgenden rekapituliert und mit dem hegemoniekritischen Kulturverständnis Antonio Gramscis konfrontiert werden.