„Ein neues Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus.“ In den letzten Jahren haben viele Artikel zum Thema Populismus mit dieser Schlagzeile angefangen.[1] „Ein Gespenst geht um die Welt – Populismus“ – so war auch schon die Einleitung eines einschlägigen Sammelbands aus dem Jahr 1969 zu lesen.[2] Populismus ist kein neues Phänomen: Vor allem Mitte des 20. Jahrhunderts hat die politikwissenschaftliche Forschung zum Thema Populismus einen Aufschwung erlebt. Wissenschaftler:innen mit den unterschiedlichsten Ansätzen, wie Margaret Canovan, Stuart Hall, Ernesto Laclau, Cas Mudde und Karin Priester – um nur einige zu nennen – haben sich diesem kontroversen Thema gewidmet.[3]
Seit 2008 überlagern sich die Krisen in Europa. Spätestens mit dem Ausbruch der Finanz- und EU-Krise, der sogenannten Flüchtlingskrise und seit 2020 der Coronapandemie ist das Schlagwort Populismus in den Medien und im politischen Diskurs sehr präsent. Im Zusammenhang mit dem Aufkommen und Erstarken neuer populistischer Akteur:innen in den letzten Jahren hat das Thema erneut an Aufmerksamkeit gewonnen. So ist viel Literatur zum Thema Populismus entstanden und insbesondere die Politikwissenschaft hat sich intensiv mit diesem Phänomen beschäftigt.[4] Dennoch stellen sich einige Wissenschaftler:innen immer wieder die Frage, ob der Begriff des Populismus überhaupt für die Sozialwissenschaften verwendet werden kann und soll. Der erste Einwand bezieht sich auf die normative Aufladung, die der Begriff des Populismus in seiner gängigen Verwendung hat: Das Wort „Populismus“ wird in Europa vor allem dazu verwendet, politische Gegner:innen als unseriös und radikal zu stigmatisieren.[5] Damit hängt zweitens die Frage des Verhältnisses von Populismus zur liberalen Demokratie zusammen. Insbesondere liberale Theorien verstehen Populismus als eine Bedrohung für den liberalen Konsens der Demokratie[6]; andere wiederum identifizieren Populismus entweder als mögliches Mittel gegen oder auch als Korrektiv für eine grundsätzliche Krise der Demokratie und der demokratischen Repräsentationsverfahren.[7] Drittens hängtein weiteres weit diskutiertes Problem mit den sogenannten „hufeisentheoretischen Konzeptionen des politischen Raums“ zusammen, die insbesondere in der Extremismusforschung weit rezipiert werden.[8] Demnach seien die gemäßigten Kräfte in der „Mitte“ demokratisch und die extremistischen Kräfte an den „Rändern“ undemokratisch –deshalb sei Populismus von links und rechts auch gleichermaßen eine Gefahr für die liberale Gesellschaftsordnung. Diese Unterteilung in „gemäßigt“ und „extremistisch“ führt wiederum zu einer weiteren Problematik: Populismus sei zwar nicht wünschenswert, aber weniger gefährlich als Extremismus. „Nur“ als rechtspopulistisch bezeichnete Kräfte würden somit verharmlost, was wiederum zu einem Problem der Legitimation und Akzeptanz rechtsextremer Positionen führen könne.[9] Der vierte Einwand bezieht sich auf seine Definition: Einige Wissenschaftler:innen argumentieren, dass der Begriff Populismus zu vage sei und daher auf jede Person in der Politik angewendet werden könne.[10]
Diese bereits skizzierten Einwände haben viele Wissenschaftler:innen dazu gebracht, sich zu fragen, ob der Begriff des Populismus überhaupt für die Sozialwissenschaften verwendet werden kann und soll.[11] Allerdings gibt es auch gute Gründe, den Begriff beizubehalten und ihn in Abgrenzung zu diesen Problemen zu definieren. Die wichtigsten Gründe dafür, weiterhin mit dem Begriff Populismus zu arbeiten, sind erstens, dass der Begriff in politischen Debatten weltweit zu wichtig ist, um einfach abgeschafft zu werden. Insbesondere sollte der Anspruch bestehen, sich in den öffentlichen Diskurs über Populismus einzumischen, um diesen im Sinne einer kritischen Wissenschaft zu beeinflussen. Zweitens, dass der Begriff einen wichtigen zeitdiagnostischen Wert hat: Er erlaubt es, den gleichzeitigen Aufstieg ganz unterschiedlicher Akteur:innen und Parteien als ein zusammenhängendes Phänomen zu begreifen.[12] Dabei ist ein häufiges Problem der bestehenden Populismustheorien, dass sie das Phänomen losgelöst von dem historischen und strukturellen Kontext analysieren, in dem populistische Kräfte entstehen.[13] Ansätze, die es wagen, sich mit den Bedingungen für das Entstehen von Populismus auseinanderzusetzen, verfallen oft in eine Dichotomie zwischen „kulturellen“ und „wirtschaftlichen“ Erklärungen[14] und können wiederum das Phänomen nicht in seiner Gesamtheit erfassen – auch weil sie nicht nach den tiefgreifenden sozioökonomischen Bedingungen und Herrschaftsstrukturen fragen. Der Ausgangspunkt für eine Analyse von populistisch klassifizierten Akteur:innen kann also nur in den jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen, Kräftekonstellationen und machtpolitischen Kontingenzen liegen. Aus dieser Erkenntnis kann eine materialistische und hegemonietheoretische Analyse von Populismus – in Anlehnung an Antonio Gramsci, Nicos Poulantzas und deren Weiterentwicklungen[15] – viele Potentiale für eine zeitgenössische Analyse von Populismus beinhalten.
Um sich einer materialistischen und hegemonietheoretischen Definition von Populismus in der gegenwärtigen Situation insbesondere in Europa zu nähern, sind im Folgenden drei Konzepte von Bedeutung: der autoritäre (Wettbewerbs-)Etatismus, die fragmentierte Hegemonie und der Populismus. Unter Rückgriff auf Nicos Poulantzas und seine Aktualisierung durch Lukas Oberndorfer kann die neue Normalform des Staates, die mit dem Neoliberalismus dominant wird, als autoritärer Etatismus oder in seiner aktuellen Form in Europa als autoritärer Wettbewerbsetatismus[16] gekennzeichnet werden. Dieser ist charakterisiert durch eine zunehmende Umstrukturierung und Entleerung der repräsentativen Demokratie bzw. der Parteien und des Parlaments sowie durch eine Einschränkung der Freiheiten der Subalternen.[17] Diese Transformation des Staates bzw. staatlicher Politik wird verursacht durch eine Spaltung und eine permanente Instabilität der Hegemonie der Herrschenden – neoliberale Politik stößt so an ihre Grenzen. Die Vermittlung und Erfüllung der verschiedenen Forderungen der unterschiedlichen Fraktionen der Herrschenden einerseits und die demokratische Anbindung der Subalternen andererseits wird immer schwieriger.[18] Es kommt zu einer Verschiebung in der Form, wie Hegemonie vermittelt wird und eine neue Form der Herrschaft setzt sich durch: die fragmentierte Hegemonie. Fragmentierte Hegemonie als gegenwärtiger Modus der Machtvermittlung lässt sich als eine hybride Herrschaftsform charakterisieren, die hegemoniale mit nicht-hegemonialen Herrschaftsmechanismen kombiniert. Diese Form der Hegemonie kann sich insbesondere auf den fragmentierten und hybriden Charakter des Alltagsverstands stützen und trägt zu dessen Reproduktion und Persistenz bei.[19] In dieser hegemonialen Konstellation scheint Populismus erfolgreich zu sein, weil er den Subalternen eine vermeintliche Lösung anbietet und gleichzeitig von der fragmentierten Hegemonie profitiert. Populismus stellt den Versuch einer Art von Modernisierung alter und neuer Akteur:innen dar und ist dabei in Anschluss an Heinz Steinert eine bestimmte konfliktive Form der Politik, die auf bestimmte Krisendimensionen reagiert.[20] Er beruht auf der konfliktiven Spaltung der Gesellschaft in zwei antagonistische Lager, indem an die am meisten benachteiligten Sektoren gegen die „Elite“ appelliert wird. Wie diese beiden Begriffe definiert werden und welche konkrete Form Populismus dann annimmt, hängt von den jeweiligen sozialen Bedingungen ab.
Im autoritären Wetttbewerbsetatismus in seiner verschärften Form haben sich spätestens seit dem Ausbruch der Eurokrise die autoritären Elemente noch weiter verstärkt: Die Exekutive wird zulasten der parlamentarischen Legislativen und der Judikative gestärkt, die traditionellen politischen Parteien als wichtige Organe der Herstellung von Hegemonie werden geschwächt, repressive Überwachungsmechanismen werden vermehrt eingesetzt, Entscheidungsprozesse werden von der öffentlichen Kontrolle isoliert, der Rechtsstaat wird suspendiert und Notstandsmaßnahmen verabschiedet.[21] Der autoritäre Wettbewerbsetatismus und der Modus der fragmentierten Hegemonie sind insbesondere in der neoliberalen Bearbeitung der europäischen Krise zum Vorschein gekommen. Zum einen wurde auf europäischer Ebene der politische Raum durch das europäische Krisenmanagement abgeschottet: So wurden zum Beispiel eigenständige wirtschaftspolitische Instrumente beseitigt und demokratiepolitisch problematische Agenturen und Konstruktionen geschaffen – wie der ESM, die Troika oder FRONTEX –, die formal nicht Teil des institutionellen Gefüges sind.[22] Zum anderen hat sich auf Ebene der Nationalstaaten die Beziehung zwischen den nationalen Exekutiven und der gesamteuropäischen Ebene gestärkt, was den Einfluss von nationalstaatlichen Akteur:innen schwächt. Nationale politische Akteur:innen haben zudem auf einige Elemente der Souveränität verzichtet und sind somit stärker von den gesellschaftlichen Prozessen im Inland isoliert, was natürlich Auswirkungen auf ihre hegemoniale Zustimmung von Seiten der Subalternen hat. In der fragmentierten Hegemonie werden nur einzelne subalterne Gruppen hegemonial eingebunden in der Form, dass einerseits ökonomische Zugeständnisse nur selektiv auf bestimmte gesellschaftliche Gruppen erfolgen und andererseits zwar Forderungen von Teilen subordinierter Gruppen (Frauen*, Migrant:innen, LGBTQ+) aufgenommen werden, aber versucht wird, diese in ein neoliberales Versprechen zu integrieren. Dieser Zustand der neoliberalen Politik wird von Nancy Fraser als „progressiver Neoliberalismus“ definiert. Dabei wird die soziale Sicherheit der Lohnabhängigen weiter ausgebeutet, aber umgedeutet und als Fortschritt der Forderungen von unterschiedlichen sozialen Bewegungen präsentiert. Dies hat zur Folge, dass subalterne Gruppen ideologisch, politisch und ökonomisch noch stärker gespalten werden.[23]
Mit dem Ausbruch der Finanz- und dann der Eurokrise 2011 wurden diese Tendenzen noch weiter verschärft und führen zu einer intensiven, abrupten und gleichzeitigen Vermehrung unbefriedigter Forderungen, die sehr unterschiedliche Bereiche der sozialen Ordnung betreffen. Da die Krisenphänomene viele unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche und Konsense zerstören, sind dementsprechend die Forderungen auch sehr heterogen. Populismus als bestimmte Form der Politik, die sich mit dem Ziel konstituiert, Hegemonie zur erreichen, insbesondere unter den Bedingungen fragmentierter Hegemonie kann als Versuch verstanden werden, die Kräfteverhältnisse zu verändern. Dabei ist die Krise „kein gegebener Zustand“ und auch kein „zu verteidigende[r] passive[r] Status quo“[24]. Die Krise hat alte und neue Akteur:innen über einen passiven Punkt hinausgeführt. Um zu überleben, gilt es, sich zu erneuern, die Kräfte neu zu bündeln und sich neu auszurichten. In der gegenwärtigen Situation ist populistische Politik erfolgreich, da sie bei Teilen der Bevölkerung subjektive Formen bereitstellt, um mit der gegenwärtigen Krise umzugehen und ein Angebot unterbreitet, um sich in der fragmentierten Hegemonie zurechtzufinden. Populismus als Politikform fügt sich ausgezeichnet in die partielle und fragmentierte Hegemonie ein, da er dessen Logik in Form der antagonistischen Grenzziehung und Spaltung zwischen zwei Gruppen („Elite“ vs. „Volk“) übernimmt und zugleich umwandelt: „Er bietet eine […] Sprache an, um diese Widersprüche in Worte zu fassen, und ein Repertoire an Haltungen, um sie zu ertragen“[25]. Die Strategie des Populismus ist zudem erfolgreich, da sie einen moralischen Rahmen bereitstellt, der die politischen Prozesse und Erfahrungen aufgreift und in wertende Kategorien wie „gut“ oder „schlecht“ ordnet. Populismus ist eine der Möglichkeiten, wie die Zustimmung der Subalternen von einem Projekt, das die Hegemonie anstrebt, so konstruiert werden kann, dass er sich die Unzufriedenheit der Bevölkerung zu Nutze macht, die gegnerischen Kräfte neutralisiert, die Opposition aufspaltet und einige strategische Elemente der öffentlichen Meinung in sein eigenes Hegemonieprojekt einbezieht.[26]
Kann angesichts der vielschichtigen und teils widersprüchlichen populistischen Akteur:innen eine allgemeingültige Populismustheorie entwickelt werden? Oder sollte es im Sinne einer kritischen Wissenschaft nicht eher darum gehen, die gegenwärtige gesellschaftliche Konstellation mit ihren spezifischen populistischen Formationen, in der um soziale Emanzipation gerungen wird, zu verstehen? Mit meiner Auseinandersetzung mit dem Populismus habe ich nicht vor, eine universelle Theorie des Populismus zu entwickeln, sondern einige analytische Werkzeuge zu schmieden, um eine neue theoretische Perspektive auf die gegenwärtige populistische Situation zu bekommen. Welche konkrete Form populistische Politik annimmt und auf welche Elemente sie reagiert, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Populismus darf nicht ahistorisch betrachtet und aus dem Kontext der sie hervorbringenden Gesellschaftsstrukturen herausgerissen werden. Eine Analyse des Populismus, die sich nicht mit den zugrundeliegenden materiellen Herrschaftsverhältnissen auseinandersetzt, streift nur die Oberfläche, ohne zu verstehen, welches Wurzelwerk sich darunter verbirgt.
Johanna Schafgans Muñoz studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt, der Philipps-Universität Marburg und der Universität Complutense in Madrid, Spanien. Seit 2019 promoviert sie mit einem Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung an der Universität Marburg zu Populismus in Spanien und lehrt an den Universitäten Marburg und Frankfurt. Zuvor war sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Exzellenzcluster „Normative Ordnungen” in Frankfurt tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Staats- und Hegemonietheorie, der europäischen Integration und Populismus.
[1] So z.B.: Stegemann, Bernd (2017): Das Gespenst des Populismus: Ein Essay zur Politischen Dramaturgie, Berlin, Theater der Zeit; Greiner, Ulrich (2014): Das Gespenst des Populismus, http://www.zeit.de/politik/2014-04/populismus-demokratie (letzter Zugriff 15.03.2022).
[2] Ionescu, Ghita/Gellner, Ernest (Hrsg) (1969): Populism. Its Meanings and National Characteristics, London, Weidenfeld and Nicolson.
[3] Canovan, Margaret (1981): Populism, London, Junction Books; Hall, Stuart (2014a): Populismus, Hegemonie, Globalisierung. Ausgewählte Schriften 2, Hamburg, Argument; Laclau, Ernesto (2005): On Populist Reason, London/NY, Verso; Mudde, Cas (2007): Populist Radical Right Parties in Europe, Cambridge, Cambridge University Press; Priester, Karin (2007): Populismus. Historische und aktuelle Erscheinungsformen, Frankfurt a.M., Campus.
[4] Jörke, Dirk/Selk, Veith (2017): Theorien des Populismus zur Einführung, Hamburg, Junius; Mudde, Cas/Rovira Kaltwasser, Cristóbal (2019): Populismus. Eine sehr kurze Einführung, Bonn, Bundeszentrale für politische Bildung; Müller, Jan-Werner (2016): Was ist Populismus? Ein Essay, Bonn, Suhrkamp.
[5] Biskamp, Floris (2019): „Ökonomie ist kulturell, Kultur ist ökonomisch“, in: PROKLA 49 (196), S. 463-476, hier S. 465.
[6] Müller, Was ist Populismus.
[7] Jörke/Selk, Theorien des Populismus zur Einführung; Mouffe, Chantal (2018): Für einen linken Populismus, Berlin, Suhrkamp.
[8] Biskamp, „Ökonomie ist kulturell“, S. 465.
[9] ebd.; Heitmeyer, Wilhelm (2018): Autoritäre Versuchungen, Berlin, Suhrkamp, S. 231f.
[10] Mudde/Kaltwasser, Populismus, S. 19.
[11] Es gab schon früh Vorschläge, Populismus als wissenschaftlichen Begriff nicht mehr zu verwenden; Roxborough, Ian (1984): „Unity and Diversity in Latin American History“, in: Journal of Latin American Studies 16(1), S. 1-26. Auch aus einer kritischen Perspektive sprechen sich einige Autor:innen für die Verwendung von anderen Begriffen aus – so z. B. „radikale Rechte“ oder auch „autoritärer Nationalradikalismus“; Heitmeyer, Autoritäre Versuchungen.
[12] Laclau, Ernesto (2006): La razón populista, Buenos Aires, Fondo de Cultura Económica de Argentina, S. 15.
[13] Ein sehr verbreiteter Ansatz ist der ideenbasierte Ansatz. Siehe: Mudde/Kaltwasser, Populismus auch Priester, Populismus. Ihre Definition zielt darauf ab, das Wesentliche aller wichtigen Erscheinungsformen des Populismus in Vergangenheit und Gegenwart zu erfassen.
[14] Inglehart, Ronald/Norris, Pippa (2019): Cultural Backlash: Trump, Brexit, and Authoritarian Populism, Cambridge, Cambridge University Press; Reckwitz, Andreas (2018): Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne, Bonn, Bundeszentrale für politische Bildung; Rodrik, Dani (2018): „Populism and the economics of globalization“, in: Journal of International Business Policy 1 (1-2), S. 12-33; Manow, Philip (2018): Die Politische Ökonomie des Populismus, Berlin, Suhrkamp.
[15] Im Kontext materialistischer Theoriebildung finden sich zahlreiche wissenschaftliche Auseinandersetzungen zur Erklärung des Populismus. Die meisten beziehen sich dabei auf die Arbeiten von Poulantzas und Gramsci: Carina Book, Nikolai Huke, Norma Tiedemann, Olaf Tietje (Hrsg.) (2020): Autoritärer Populismus, Münster, Westfälisches Dampfboot; Demirović, Alex (2018): „Autoritärer Populismus als neoliberale Krisenbewältigungsstrategie“, in: PROKLA 48 (190), S. 27-42; Fraser, Nancy (2017a): „Vom Regen des progressiven Neoliberalismus in die Traufe des reaktionären Populismus“, in: Geiselberger, Heinrich (Hrsg.): Die große Regression. Eine internationale Debatte über die geistige Situation der Zeit, S.77-92; Hall, Populismus, Hegemonie, Globalisierung. Insbesondere für meine Definition sind die Arbeiten von Demirovic (2018) und Hall (2014) relevant.
[16] Mit dem Begriff des autoritären Etatismus bezeichnet Poulantzas eine neue Staatsform, die er im Zuge der ökonomischen und politischen Krisenprozesse der 1970er Jahre entstehen sah. Die zentralen Elemente, die den autoritären Etatismus charakterisieren, sind: (1.) eine Machtverschiebung von der Legislative zur Exekutive, bei der sich die Macht konzentriert; (2.) eine zunehmende Verschmelzung von Legislative, Exekutive und Judikative, bei gleichzeitigem Verfall der Gesetzesfunktion; (3.) ein Funktionsverlust der politischen Parteien als wichtige Organe der Herstellung von Hegemonie und als Vermittler zwischen Verwaltung, Regierung und Wahlvolk und zuletzt (4.) Einflussgewinn von immer mehr parallel operierenden Machtnetzen. Die aktuellen Entwicklungen bezeichnet Lukas Oberndorfer als „autoritären Wettbewerbsetatismus“. Oberndorfer, Lukas (2012): „Hegemoniekrise in Europa – Auf dem Weg zu einem autoritären Wettbewerbsetatismus?“, in: Forschungsgruppe ‘Staatsprojekt Europa’ (Hrsg.): Die EU in der Krise. Zwischen autoritärem Etatismus und europäischem Frühling, Münster, Westfälisches Dampfboot, S. 49-71.
[17] Poulantzas, Nicos (2002): Staatstheorie. Politischer Überbau, Ideologie, Autoritärer Etatismus, Hamburg, VSA, S. 231f. Unter Subalternen lassen sich im Sinne Gramscis diejenigen gesellschaftlichen Gruppen verstehen, die nicht mit der herrschenden Elite verbunden sind und denen der Zugang zu ihr verschlossen ist, d.h. auch diejenigen, die durch hegemoniale Strukturen beschränkt sind.
[18] Yalvaç, Faruk/Joseph, Jonathan (2019): „Understanding Populist Politics in Turkey: a Hegemonic Depth Approach“, in: Rev. Int. Stud. 45 (5), S. 786–804, hier S. 800.
[19] Martin, Dirk/Wissel, Jens (2015): „Fragmentierte Hegemonie. Anmerkung zur gegenwärtigen Konstellation von Herrschaft“, in: Martin, Dirk/Martin, Susanne/Wissel, Jens (Hrsg.): Perspektiven und Konstellationen kritischer Theorie, Münster, Westfälisches Dampfboot. S. 220-238.
[20] Steinert, Heinz (1999): „Kulturindustrielle Politik mit dem Großen & Ganzen: Populismus, Politik-Darsteller, ihr Publikum und seine Mobilisierung“, in: Internationale Gesellschaft und Politik 4 (99), S. 402-413.
[21] Kannankulam, John (2008): Autoritärer Etatismus im Neoliberalismus, Hamburg, VSA, S. 20.
[22] Werner, Alban (2013): „Rechtspopulistische Opposition in der Eurokrise“, in: Argument 55 (1-2), S. 240–250, hier S. 247f.
[23] Fraser, Nancy (2017b): „Für eine neue Linke oder: Das Ende des progressiven Neoliberalismus“, in: Blätter für internationale und deutsche Politik 62 (2), S. 71-76, hier S. 72f.
[24] Hall, Stuart (2014b): „Popular-demokratischer oder autoritärer Populismus“, in: Hall, Stuart (Hrsg.): Populismus, Hegemonie, Globalisierung, Hamburg, Argument Verlag, S. 101–120, hier S. 119 und 104.
[25] Opratko, Benjamin (2017): „Rechtspopulismus als Krisenbearbeitung: Anmerkungen zum Aufstieg von AfD und FPÖ“, in: PROKLA 47 (186), S. 123-130.
[26] Hall, Stuart (2014c): „Die Bedeutung des autoritären Populismus für den Thatcherismus“, in: Hall, Stuart (Hrsg.): Populismus, Hegemonie, Globalisierung, Hamburg, Argument Verlag, S. 121–132, hier S. 124.