Reflexion zum Seminar: Ich arbeite, also bin ich? Eine Philosophie der Arbeit. (WS19/20)

Reflexion zum Seminar: Ich arbeite, also bin ich? Eine Philosophie der Arbeit. (WS19/20)

Gerne wird die Philosophie in den Elfenbeinturm verwiesen, wodurch ihr ein nennenswerter Beitrag zu aktuellen Debatten und gesellschaftlichen Gestaltungsfragen abgesprochen wird. Dieses Verdrängen philosophischer Einwände folgt derweil vermutlich mindestens zweierlei Impulsen, deren man externe wie interne Motivationen zuschreiben kann: Zum einen ist der Philosoph oder die Philosophin oftmals von zweifelhafter Kritikernatur und daher als Berater*in in praktischen Belangen mit unmittelbarem Ergebnisdruck nicht erste Wahl. Zu groß scheint doch der Hang der Pedanterie und das Faible für Henne-Ei-Debatten. Zum anderen mögen sich auch interne Motivatoren dafür verantwortlich zeichnen, dass die Philosophie als Musterbewohner*in des Elfenbeinturms gilt; so kann sie theoretisieren und die Konfrontation mit der Praxis – ganz im Sinne einer Mutter der Wissenschaften – den anderen wissenschaftlichen Disziplinen überlassen. In diesem Seminar sollte gezielt mit den Vorurteilen der Weltfremdheit gebrochen werden, weshalb jede/r im Seminarkontext gelesene Autor/in in ein fiktives Gespräch zum gesellschaftlichen Ist-Zustand der Arbeitsmärkte verwickelt wurde. 

Dabei orientierten wir uns an dem Sammelband „Philosophie der Arbeit” welcher Positionen aus der Antike, dem Mittelalter, der Zeit der Aufklärung, der Moderne sowie Postmoderne darstellt und konfrontierten diese mit Positionen und Prognosen zeitgenössischer Denker*innen (u.a. Lisa Herzog und Richard David Precht) zur Gegenwart und Zukunft der Arbeit. Es zeigte sich im Verlauf des Semesters, dass mit Thomas Morus ein relativ unbekannter Philosoph des Mittelalters in den Transferdebatten philosophischer Reisbrettkunst wohl die häufigste Zitation erfuhr. Ob nun im Zuge der Marx-, Russell- oder Arendt-Analyse – Utopia wurde im Seminarkontext gerne wieder aufgegriffen.

Für diesen Blog entstanden im Zuge des Seminares auch einige Beiträge, welche eben jenem Unterfangen einer philosophischen Einmischung in aktuelle Debatten gerecht werden wollen. So hat Wolfgang Clausmeyer gleich zwei Essays verfasst; im ersten betont er die Wichtigkeit einer lebhaften Debatte rund um den Arbeitsbegriff der Gegenwart und Zukunft, während er im zweiten eine kritische Auseinandersetzung mit Karl Marx verfolgt. Danny Hügelheim richtet sich mit einem persönlichen Brief an Paul Lafargue und berichtet darin dem Analysten der Faulheit von gegenwärtigen Debatten rund um den Arbeitsbegriff und nimmt zu Lafargues Einwände Bezug. C. Coester bringt in einem ersten Essay die junge politische Strömung des Akzelerationismus aufs Tapet und richtet sich im zweiten Brief dieses Seminars ebenfalls an Paul Lafargue.

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