Impfpflicht gut, alles gut? Dürfen, müssen, können – Modalverben der Pandemie

Impfpflicht gut, alles gut? Dürfen, müssen, können – Modalverben der Pandemie

Ist eine Impfpflicht sinnvoll und verhältnismäßig? Kann oder muss sie für alle gelten? Und warum brauchen wir sie (nicht)?

„Impfen rettet Leben, denn die Corona-Impfung bietet einen hohen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen. Das ist unstrittig. Umstritten hingegen ist eine mögliche Impfpflicht, unter anderem, weil sie einen starken Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Bürger darstellen würde.“[1]

Vor etwas über einem Jahr haben wir auf philosophike die Frage Impfstoff gut, alles gut?  diskutiert und mit dem Fazit abgeschlossen: „Impfstoff(e) gut, alles gut, wird sich also in naher Zukunft eher nicht bewahrheiten.“[2]  Ein gutes Jahr später ziehen sich viele Themen und Problemfelder noch immer durch unser pandemisches Leben und es muss wohl eher die Frage gestellt werden: „Impflicht gut, alles gut?“.

Was bisher geschah – Rückblick auf den Artikel „Impfstoff gut, alles gut? (Medizin)Ethische Problemkomplexe im Horizont der Corona-Pandemie“

Viele der vor einem Jahr diskutierten Fragen sind nun beantwortet.

  • Entgegen erster Aussagen und Annahmen[3] hat sich im Verlauf der Pandemie eine Bevorzugung für Geimpfte im Gegensatz zu Ungeimpften (2G oder 2G+ Regelung) in Teilen durchgesetzt.[4]
  • Die Annahme, dass es eher zu privatwirtschaftlichen Unterscheidungen kommen wird, die es privaten Unternehmen ermöglichen, Impfungen als Teilhabevoraussetzungen anzuvisieren, jedoch staatlich Unterscheidungsregelungen eher für unwahrscheinlich hielt, hat sich damit nicht bewahrheitet.[5]
  • In ihrem Positionspapier aus dem November 2020 haben Ethikrat, Leopoldina und Stiko schon eine bereichsspezifische Impfpflicht für „präzise definierte Personengruppen“ mitgedacht. „Dies beträfe insbesondere Mitarbeiter*innen, die als potenzielle Multiplikatoren in ständigem Kontakt mit Angehörigen einer Hochrisikogruppe sind, wenn nur durch eine Impfung schwere Schäden von dieser Personengruppe abgewendet werden könnten.“[6] Diese bereichspezifische Impfpflicht wurde als einrichtungsbezogene Impflicht im Dezember 2021 verabschiedet.

Impfpflicht – worüber wird eigentlich diskutiert?

Wo vor einem Jahr noch darüber diskutiert wurde, wer sich zuerst impfen lassen darf, wird nun darüber gestritten, wer sich alles impfen lassen muss. Wo zuerst abgewogen wurde, wem man mit einer späten Impfung am wenigsten schadet und wer problemlos länger auf eine Impfung warten kann, wird nun abgewogen, wem man es zugestehen kann, sich nicht impfen zu lassen.

Die Frage der Impfpflicht ist nun ausgesprochen und gestellt  – allein wie eine solche Impfpflicht konkret ausgestaltet werden soll, steht noch aus. Derzeit wird zunächst heiß darüber diskutiert, in welcher Form man über eine Impfpflicht im Bundestag bescheiden will. Sollen mehrere fraktionsübergreifende Gesetzesentwürfe eingereicht und diskutiert werden oder soll zunächst die Bundesregierung einen Entwurf vorlegen, an dem sich dann abgearbeitet werden kann? Fest steht, es wird im Bundestag über eine Impflicht entschieden werden. Entschieden werden soll noch im Januar 2022 – was den frühesten Beginn einer greifenden Impflicht in den März datiert.[7]

Was spricht für und was gegen eine Impfpflicht?

Die Gesellschaft ist gespalten, es gibt sie, die Befürworter*innen einer Impfpflicht und die Gegner*innen, sowie einen Teil der Gesellschaft, der sich – aus guten Gründen – schwer damit tut, sich für oder gegen eine Impfpflicht auszusprechen. Wir alle haben das Gefühl uns Lagern und Positionen zuordnen zu müssen. Statt gemeinsam solidarisch gegen die Pandemie vorzugehen, entbrennen hitzige Diskussionen, Freundschaften und Familien driften auseinander, es gibt Streit in den Familien zwischen Geimpften und Ungeimpften[8], Differenzen verfestigen sich, statt anschlussfähig im Dialog zu bleiben. Je länger die Pandemie anhält, desto größer wird die Kluft zwischen Impfbefürworter*innen und Impfgegner*innen, desto kleiner die Chancen, dass der Streit wieder zu einem Dialog wird, dass wieder miteinander geredet, statt gegeneinander gewettert wird. „Alle sind nervös und gereizt, der Dialog rückt in immer weitere Ferne. Der Streit um die Impfpflicht lässt die Stimmung nun eskalieren.“[9] Das eigentliche Problem ist häufig nicht einmal die Impfpflicht an sich, sondern die fehlende Dialogbereitschaft zwischen den sich immer weiter voneinander entfernenden Lagern.

„Das Problem ist, dass beide Lager dazu neigen, undifferenziert über das jeweils andere herzuziehen. Da werden Impfbefürworter schnell zu dämlichen ‚Schlaf-Schafen‘, die alles kritiklos hinnehmen. Und Impfgegner zu rechtsextremen Staatsfeinden.“[10]

Ein Weg aus diesem Spaltungs-Dilemma könnte tatsächlich die Impfpflicht sein. Persönliche Fehden und erhitze Gemüter könnten vielleicht wieder besser zueinander finden, wenn die Impfentscheidung nicht mehr individuell getroffen, sondern eben ‚anderweitig‘ geregelt und entschieden wurde.  Konflikte, die sich aktuell in Gesprächen über den Impfstatus entfachen, weil das bloße Erfragen als persönlicher Angriff oder Provokation gesehen wird, können so ad acta gelegt werden.  

„Demokratietheoretisch lässt sich, auch anhand historischer Beispiele, argumentieren, dass gesetzliche Pflichten einen befriedenden Effekt haben können und die aktuellen gesellschaftlichen Konflikte eher dämpfen als eskalieren würden – auch weil dann in Zukunft kein zusätzlicher moralischer und/oder sozialer Druck mehr aufgebaut werden müsste, da die gesetzliche Pflicht ausreichen würde.“[11]

Was jedoch überhaupt die Gemüter im Streit um eine Impfpflicht erhitzt, also was für oder gegen eine Impflicht spricht, lässt sich grob wie folgt zusammenfassen:

ProContra
Dauerhafte Entlastung des Gesundheitssystems Durch eine hohe Impfquote können Krankenhäuser etc. entlastet und Triage-Entscheidungen verhindert werdenKörperliche Unversehrtheit, Einwilligung zu medizinischen Eingriffen „Eine Impfung ist ein medizinischer Eingriff. Auch, wenn bleibende Nebenwirkungen sehr, sehr selten sind, ist es richtig und wichtig, dass man sich auch gegen einen solchen Eingriff entscheiden kann“[12]„Das wohl wesentlichste Argument, das gegen die allgemeine gesetzliche Impfpflicht vorgebracht wird, betrifft ihre Verhältnismäßigkeit. Eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht wird als ein starker Eingriff in die persönliche Freiheit, in das Recht auf Selbstbestimmung und in die körperliche Unversehrtheit verstanden, der womöglich die Menschenwürde tangiert.“[13]  
Solidarität gegenüber Risikogruppen Eine flächendeckende Impfung schütz sowohl Risikogruppen wie Senioren am besten, aber auch all jene, die sich selbst aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können„Solidarbereite Personen zeigen Verantwortung gegenüber stärker gefährdeten Personen und stellen dafür den eigenen Anspruch […] zurück.“[14] Faire Verteilung von Belastungen Überlastung des Gesundheitswesens verhindern,[15] medizinisch-pflegerisches Personal durch eine allgemeine und nicht nur einrichtungsbezogene Impfpflicht schützen und entlasten  Impf-Serien Noch ist unklar, wie viele Impfungen man insgesamt brauchen wird, bzw. ob die Impflicht mit einer 1. Booster-Impfung (also insgesamt drei Impfungen) danach abschließend abgegolten ist, da die Corona-Impfung keine stabile Immunität mit sich bringt (wie es z. B. bei der Pocken- oder Masernimpfung ist)[16]So heißt es in einem Papier von 22 FDP Abgeordneten: „Der Bundestag kann eine allgemeine Impfpflicht nicht beschließen, so lange er nicht einmal die Häufigkeit der mit der Pflicht verbundenen Schutzimpfungen kennt.”[17]
Abwägung der Grundrechte Die Freiheit des Einzelnen muss in einer Pandemie vor dem gesamtgesellschaftlichen Schutz zurückstehen[18]Es geht im Kern um die Güterabwägung „zwischen dem Schutz vor einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit Einzelner und den Interessen der Allgemeinheit (als Gewährleistung der Rechte und Interessen aller Menschen). Zu Letzteren gehörten nicht nur der Schutz vor Ansteckung […], sondern auch das Intakthalten der verschiedenen Gesellschaftsbereiche der Bildung, der Wirtschaft, der Gastronomie, der Kultur usw. Der Freiheit des Einzelnen, sich für oder gegen eine Impfung zu entscheiden, müsse das Wohl der gesamten Gesellschaft als unverzichtbare Basis der individuellen Freiheit aller gegenübergestellt werden. Lasse sich die Pandemie nicht unter Kontrolle bringen, müssten individuelle wie kollektive Freiheitsräume weiterhin eingeschränkt werden. […] In dieser Perspektive führe eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht zu einer insgesamt positiven Freiheitsbilanz, sowohl individuell als auch kollektiv.“[19]  Verhältnismäßigkeit Ist eine allgemeine Impfpflicht noch verhältnismäßig, wenn doch schon eine einrichtungsbezogenen Impflicht beschlossen wurde?„Für die Abwendung der Überlastung des Gesundheitswesens und für die Kontrolle der Pandemie insgesamt stünden alternative Instrumente wie Tests oder 3G- bzw. 2G-Kontrollen als geeignete Mittel zur Verfügung. Es seien noch nicht alle milderen Mittel ausgeschöpft worden, um die Pandemie einzudämmen.“[20]  

Doch wie schon bei der Einteilung in verschiedenen Verteilungsgruppen für die Impfstoffe zu Beginn letzten Jahres, wird es wahrscheinlich auch keine sofortige Impfpflicht für alle geben, sondern eine gestaffelte. Als Kompromiss zwischen den pro und contra-Punkten einer Impfpflicht, kann man u. a. die im Dezember 2021 verabschiedete einrichtungsbezogene Impfpflicht auffassen. Zudem kann des Weiteren diskutiert werden, ob eine Alternative zu einer allgemeinen Impflicht auch eine Impflicht für Ältere oder Vorerkrankte sein könnte, denn, „sie sind am stärksten gefährdet und sie belasten im Fall einer Corona-Infektion das Gesundheitssystem am meisten.“[21] Derzeit liegen drei Optionen zur Diskussion auf den Bundestagstischen: „Die einen lehnten eine Impfpflicht ab, die anderen plädierten für ein Stufenmodell. Dazu kämen drittens die Befürworter einer allgemeinen Corona-Impfpflicht für alle Menschen ab 18 Jahren.“[22]  Zudem, so der Vorsitzende der Stiftung Patientenschutz Eugen Brysch, müsse jetzt nicht nur der Einstieg einer Impflicht geklärt werden, sondern auch der Ausstieg: „Wer den Einstieg jetzt wolle, müsse auch erklären, wie der Ausstieg aus der Pflicht möglich sein werde.“[23] Eine mögliche Lösung, die den Ausstieg gleich mitbedenkt, brachte FDP-Fraktionschef Christian Dürr ins Gespräch: eine auf ein Jahr befristete Impfpflicht.[24]

Einrichtungsbezogene Impfplicht

So gilt z. B. durch erneute Anpassung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) am 10.12.21 ab dem 16. März 2022 eine einrichtungsbezogene Impfpflicht[25] für Arbeitnehmer*innen in Kliniken, Pflegeheimen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Rettungs- und Pflegediensten, Geburtshäusern und anderen medizinisch-pflegerischen Einrichtungen, um besonders vulnerable Personengruppen bestmöglich zu schützen.[26]  Begründet wird diese Entscheidung mit der besonderen Verantwortung gegenüber anderen Menschen, die das pflegerische und medizinische Personal in Gesundheitsberufen trägt:

„Dem Personal in den Gesundheitsberufen und Berufen, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen, kommt eine besondere Verantwortung zu, da es intensiven und engen Kontakt zu Personengruppen mit einem hohen Risiko für einen schweren, schwersten oder gar tödlichen COVID-19 Krankheitsverlauf hat.“[27]

Trat das Fürsorge-Prinzip bei den Priorisierungsentscheidungen für die Impfstoffverteilung zurück[28], so wird es hier mit Blick auf eine Impfverpflichtung in den Fokus genommen. Mit Blick auf die Fürsorgeleistung wäre, so die hintergründige Argumentation, davon auszugehen, dass eine Impfpflicht, ob nun einrichtungsbezogen oder generell, nicht nötig wäre, da sich freiwillig alle impfen lassen würden, um eben nicht nur sich selbst, sondern vor allem alle anderen zu schützen. Doch „obwohl medizinischem Personal und Pflegepersonal bereits zu Beginn der Impfkampagne ein Impfangebot unterbreitet wurde, bestehen erhebliche Impflücken bei dieser Personengruppe.“[29](Erhebliche Impflücken gibt es natürlich nicht nur bei medizinisch-pflegerischem Personal, sondern gesamtgesellschaftlich. Nichtgeimpfte und nicht Impfwillige sind unabhängig von Berufsgruppen vertreten.)

Rechtlich möglich und mit dem Grundgesetz vereinbar wird die einrichtungsbezogene Impfpflicht, so das Gesundheitsministerium, mit Blick auf die Seuchenabwehr begründet:

„Der Schutz der Gesundheit anderer Personen beziehungsweise der Allgemeinheit zur Abwehr von Seuchengefahren kann dann den gesetzlichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit rechtfertigen, wenn ein solcher Eingriff verhältnismäßig ist. Bei COVID-19 handelt es sich um eine besonders gefährliche Infektionskrankheit.“[30]

Die Regelungen zur einrichtungsbezogenen Impflicht sind zunächst befristet und gelten bis zum 01.01.23.[31] Zu beachten gilt hierbei aber auch, dass es zwar bei Nichtvorlage eines Impfnachweises oder einer ärztlichen Freistellung, bzw. bei gefälschten Dokumenten dazu führen kann, dass ein Betretungsverbot für etwaige Einrichtungen oder ein Bußgeld ausgesprochen werden. Eine Zwangsimpfung ist jedoch ausgeschlossen.[32] 


Deutscher Ethikrat plädiert mehrheitlich für Impfpflicht

Nach den vielen Diskussionen um die Impfstoffpriorisierung und dem zunächst einheitlich erscheinenden Wunsch nach flächendeckenden Impfmöglichkeiten Anfang 2021, erwartete sich der Deutsche Ethikrat eine hohe Impfbereitschaft in der Bevölkerung. Des Weiteren sollten im Verlauf des Jahres 2021 Impfkampagnen (sowohl zur Aufklärung als auch für spontane Impfmöglichkeiten) die Hemmschwelle für eine Impfung senken. „Diese Prognose ist nicht eingetreten. Die Impfstrategie hat viele Menschen nicht erreicht – und erreicht sie in Teilen noch immer nicht.“[33] Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Ethikrat, so wie auch die Bundesregierung, die lange ausgeschlossenen Impfpflicht einer neuen Bewertung unterzogen und ist zu folgenden Ergebnissen gekommen:

„Eine gesetzliche Impfpflicht ist stets eine erhebliche Beeinträchtigung rechtlich und moralisch geschützter Güter. Selbstbestimmung über den eigenen Körper zu erlangen, gehört zu den zentralen Errungenschaften der Demokratie- und Freiheitsgeschichte; Persönlichkeitsrechte haben immer einen Bezug zur leiblichen Integrität des Menschen.“[34] Eine Impfung ist und bleibt ein medizinischer Eingriff und setzt so im Sinne des informed consents[35] eigentlich immer eine Zustimmung der betreffenden Person voraus.

„Der Deutsche Ethikrat sieht eine grundsätzliche moralische Verpflichtung, durch eine Impfung sich und andere zu schützen. Eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht darf hingegen nur dann zum Einsatz kommen, wenn die Bewältigung einer schweren Krise ohne diese Maßnahme absehbar nicht erfolgreich
sein kann.“
[36] Der Schutz der eigenen Person, vor allem aber der Mitmenschen ist eine grundsätzlich eine gesellschaftliche moralische Verpflichtung, die dem Leben in Gemeinschaften zu Grunde liegt. Dennoch kann ein Eingriff in die autonome Entscheidung bzgl. Eingriffen am eigenen Körper nur das aller letzte Mittel sein, um andere zu schützen.

„‚Die‘ allgemeine gesetzliche Impfpflicht gibt es nicht; vielmehr sind unterschiedliche Ausgestaltungen mit jeweils eigenen Anforderungen und Konsequenzen zu berücksichtigen. […] Auch eine allgemeine Impfpflicht ist kein Allheilmittel gegen die Pandemie. Stattdessen darf sie nur als Teil einer umfassenden, evidenzbasierten, differenzierten und vorausschauenden Pandemie-Gesamtstrategie erwogen werden.“[37] Es wird nicht die eine Impflicht, die kategorisch und ausnahmslos für alle gilt, geben können. Es muss stets mitbedacht werden, dass mögliche Stufen oder Ausgestaltungsformen existieren müssen und die konkrete Situation im Einzelfall über der allgemeinen Regelung stehen muss. Im Bereich medizinethischer Entscheidungen, in welchen man die Frage einer Impfpflicht auch einordnen kann, prallen mit Blick auf die Impfpflicht epidemiologische, politische, gesellschaftliche, individuelle und medizinische Perspektiven aufeinander.[38] Allein die Frage, welchem Bereich die Entscheidung einer Impflicht zuzuordnen ist (ist es eine politische, eine wirtschaftliche, eine freiheitlich-demokratische, eine ethisch-moralische oder eben eine medizinisch-epidemiologische Frage) ist schwer zu beantworten.

Bei all den Überlegungen des Ethikrats ist darauf hinzuweisen, dass verfassungsrechtliche Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit einer Impfpflicht stets mitgedacht werden müssen, da mit einer gesetzlichen Impfpflicht erhebliche Eingriffe in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen, vor allem in die körperliche Unversehrtheit, konstituiert werden.[39]

 „Eingriffe in die Grundrechte können deshalb gerechtfertigt sein, soweit sie auf parlamentsgesetzlicher Grundlage erfolgen und bestimmten zusätzlichen Anforderungen genügen. Namentlich ist auf die rationalisierende, hoheitliche Handlungsoptionen limitierende Wirkung des Übermaßverbots (Verhältnismäßigkeitsprinzips) hinzuweisen. Demnach müssen staatliche Maßnahmen (1) ein legitimes Ziel verfolgen und zur Erreichung dieses Ziels (2) geeignet, (3) erforderlich und (4) angemessen sein.“[40]

  1. Mögliche Ziele der Impfpflicht: Selbstschutz, Schutz der Anderen, Anhebung der Impfquote
    1. „Dabei würde der Selbstschutz der bislang ungeimpften Personen als Ziel einer gesetzlichen Impfpflicht nicht genügen.“[41]
    1. „Aber auch die ‚Anhebung der Impfquote‘ für sich genommen dürfte als Ziel einer gesetzlichen Impfpflicht unzureichend sein; vielmehr müsste der Gesetzgeber begründen, inwieweit diese dem Schutz anderer Menschen dient und insbesondere vulnerable Personen schützt.“[42]
  2. Ist die Impfpflicht eine geeignete Strategie zur Erreichung der Ziele?
  3. Ist eine gesetzliche Impfpflicht erforderlich?
    1. „Eine gesetzliche Impfpflicht ist zur Erreichung der gesetzten Ziele erforderlich, wenn kein mindestens ebenso effektives, milderes Mittel dafür vorhanden ist. Hier sind alternative Regelungsoptionen zu prüfen.“[43]
    1. „Zu berücksichtigen ist dabei weiterhin, dass mit den zunehmend eingesetzten ‚2G‘-Regelungen bereits eine staatlich induzierte, aber nur mittelbar sanktionierte Impfpflicht existiert.“[44]
    1. „Unter Erforderlichkeitsgesichtspunkten zu klären wäre ferner erstens, wie sich eine mögliche allgemeine gesetzliche Impfpflicht zu der jüngst beschlossenen, einrichtungsbezogenen gesetzlichen Impfpflicht verhielte.“[45]
  4. Wie angemessen ist eine gesetzliche Impflicht mit Blick auf die Gegenüberstellung des Nutzens der Gesamtgesellschaft und dem körperlichen Eingriff einer Einzelperson?
    1. Mittelbar schützt eine Impfpflicht das Leben vulnerabler Personen.
    1. Mittel-/langfristig kann eine Impflicht vor weiteren Eingriffen in die Grundrechte schützen (Ausgangsperren, Reiseverbote, Quarantäne, Recht auf Bildung etc.).
    1. Demgegenüber steht die Belastung der Ungeimpften, aber per se impffähigen Person, die durch eine Impfung entsteht.
    1. „Auch bei insoweit impffähigen Personen ist die Impfpflicht jedoch nicht bereits wegen des objektiv geringen Risikos, das mit den Impfungen verbunden ist, als angemessen anzusehen. Der Schutz der körperlichen Unversehrtheit beinhaltet, wie bereits erwähnt, auch den Schutz der eigenen Risikoeinschätzung. Das verweist auf die Bedeutung sorgfältiger Aufklärung. Darüber hinaus kommt es für die Abwägung darauf an, welchen Umfang die Impfpflicht haben soll, in zeitlicher Hinsicht und hinsichtlich der Zahl der Impfungen, welche Impfstoffe mit welchem Nutzen-/ Risikoprofil vorgesehen sind, ob eine Auswahlmöglichkeit besteht und wie faktischen Zugangsbarrieren entgegengewirkt wird.“[46]

Auch wenn der Deutsche Ethikrat insgesamt eine gesetzliche Impfpflicht mehrheitlich befürwortet, gehen innerhalb des Ethikrates die Meinungen bzgl. des Umfangs der Ausweitungen auseinander[47]:

Position 1: „Ausweitung der bestehenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Sinne einer nach dem jeweiligen Risiko differenzierten Impfpflicht […], die sich auf bezüglich Covid-19 besonders vulnerable erwachsene Personen (etwa Ältere und Vorerkrankte) beschränkt.“[48]

Position 2: „Ausweitung der bisher schon gesetzlich verankerten Impfpflicht zu einer allgemeinen Impfpflicht, die alle in Deutschland lebenden impfbaren Erwachsenen über 18 Jahren umfasst.“[49]

Welche Probleme könnte es bei einer tatsächlichen Umsetzung geben?

Da bisher im Pandemiemanagement in Deutschland nicht alles reibungslos verlief, es immer wieder an Impfdosen, Mitarbeiter*innen in Impfzentren und adäquaten Organisations- und Verteilungsstrukturen mangelte, ist es nur gerechtfertigt, sich auch vorab zu fragen, ob eine Impfpflicht neue Probleme mit sich bringen würde, die gegen ihre Einführung sprechen.

Angesichts der derzeitig recht hohen Zahl an Impfverweiger*innen sind zum einen Proteste, wie sie sich schon jetzt in „Spaziergängen“ und Querdenker*innen-Demonstrationen zeigen, zu erwarten. Zum anderen werden sich wohl auch Verfahren häufen, die die Verwaltung über Jahre beschäftigen könnten.[50]

„Das damit einhergehende hohe Risiko langer Verfahrensdauern könnte der Bevölkerung den Eindruck vermitteln, der Staat sei mit der Pandemiebewältigung überfordert. Die Umsetzungsdefizite könnten zudem vermehrt Vorwürfe von Inkonsequenz und Inkompetenz sowie Populismus lautwerden lassen und die Politikverdrossenheit zumindest in Teilen der Bevölkerung erhöhen.“[51]

Zudem lässt sich eine Pandemie nun mal nur global und nicht regional bekämpfen. So lange in anderen Ländern, insbesondere im globalen Süden, nicht genügend Impfdosen zur Verfügung stehen, können immer wieder Mutationen auftreten, von denen ggf. irgendwann eine nicht mehr vom Impfstoff abgedeckt wird. „Die Annahme, in einer globalisierten Welt durch nationale Alleingänge wesentliche Veränderungen im Pandemieverlauf herbeizuführen, [zeugt] von einer gewissen Naivität.“[52] Darüber hinaus werden durch eine Impfpflicht eine große Zahl an Impfdosen verbraucht,

die, zumindest derzeit, vielen bedürftigen Gesellschaften und Ländern insbesondere des globalen Südens vorenthalten blieben. Damit verschärfe sich die weltweite Ungerechtigkeit. Es sei zielführender, das Augenmerk auf die Versorgung impfwilliger Menschen in unterversorgten Weltregionen zu richten, als auf impfunwillige Menschen in Regionen mit bereits gedecktem Bedarf der Impfwilligen.“[53]

Ob und inwiefern sich die Bundesregierung an den Ideen, Gedanken und Vorschlägen zur Impfpflicht an den ad-hoc-Empfehlungen des Deutschen Ethikrats orientiert, wird abzuwarten bleiben, wobei eine ungestaffelte Impfpflicht für alle impffähigen Personen über 18 Jahren derzeit sehr unwahrscheinlich scheint.


[1] Hochstätter, Matthias: „Impfpflicht: Letzte Rettung oder massiver Rechtsbruch? Ein Pro und Contra“, Focus online, 12.01.22. https://www.focus.de/gesundheit/pro-und-contra-grundrechtsbruch-pflicht-oder-gewissensfrage-was-fuer-und-gegen-die-impfpflicht-spricht_id_37377334.html (12.01.22) [Hochstätter, Impfpflicht: Letzte Rettung oder massiver Rechtsbruch?]
[2] Häseler, Verena: „Impfstoff gut, alles gut? (Medizin)Ethische Problemkomplexe im Horizont der Corona-Pandemie“, philosophike, 05.01.21, https://philosophike.de/2021/01/impfstoff-gut-alles-gut-medizinethische-problemkomplexe-im-horizont-der-corona-pandemie#_edn45 [Häseler, „Impfstoff gut, alles gut?“]
[3] „Keine Sonderbehandlung für Geimpfte!“ Horst Seehofer in: Eichinger, Roman; Uhlendorf, Burkhard: Seehofer fordert zum Impf-Start „Keine Sonderbehandlung für Geimpfte!“; BILD.de https://www.bild.de/politik/2020/politik/keine-sonderbehandlung-seehofer-warnt-vor-besserstellung-von-geimpften-74626642.bild.html (12.01.22)
[4] Hier gelten die Corona-Regelungen der Verordnungen der Bundesländer, die für Sportstätten, Kulturveranstaltungen, Einzelhandel und Gastronomie teils unterschiedliche Regelungen bereitstellen. Die Corona-Verordnungen der Bundesländer sind hier zu finden: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/corona-bundeslaender-1745198 (14.01.22) Zukünftig soll jedoch um die Omikron-Welle einzudämmen bundesweit und inzidenzunabhängig der Zugang zur Gastronomie (Restaurants, Cafes etc.) für Geimpfte und Genesene nur noch mit einem tagesaktuellen Test oder mit dem Nachweis einer Auffrischungsimpfung (Booster-Impfung) ab dem Tag der Auffrischungsimpfung möglich sein (2G plus). Vgl. „Neue Corona-Maßnahmen2G plus in Gastro, Quarantäne massiv verkürzt: Alle Gipfel-Beschlüsse im Überblick“, Focus online, 14.01.22, https://www.focus.de/gesundheit/coronavirus/neue-corona-massnahmen-die-aktuell-gueltigen-beschluesse-2g-plus-in-gastro-und-massiv-verkuerzte-quarantaene_id_35756537.html (14.01.22).
[5] Dies betrifft im Umkehrschluss auch individuelle „Öffnungsregelungen“ für Unternehmen, da hier generell die Frage staatlich gelöst wurde.
[6] Positionspapier, Zugang zu einem VOVID-19-Impfstoff, S. 2. https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2020_Positionspapier_COVID-19-Impfstoff_final.pdf (12.01.22)
[7] Tagesschau, „Corona-Pandemie – Fraktionen uneins über Impfpflicht-Verfahren“, 11.01.22.  https://www.tagesschau.de/inland/impfpflicht-verfahren-debatte-101.html (12.01.22)
[8] Vgl. Burkhardt, Marcel, „Streitthema Impfen – Ein Piks mit ‚gewaltigem Sprengpotenzial‘“, ZDF heute, online, 20.09.21. https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-impfung-gesellschaft-spaltung-100.html (14.01.22)
[9] Gless, Florian, „Widerspruch üben. Allein das hilft gegen die Spaltung unserer Gesellschaft“, Stern online, 13.01.22. https://www.stern.de/gesellschaft/spaltung-der-gesellschaft–allein-der-dialog-hilft-31494420.html (14.01.22)
[10] Gless, „Widerspruch üben“, o. S.
[11] Deutscher Ethikrat, „Ethische Orientierung zur Frage einer allgemeinen gesetzlichen Impfpflicht, ad-hoc-Empfehlung“, 22.12.21, S. 16 f. [Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht] https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Ad-hoc-Empfehlungen/deutsch/ad-hoc-empfehlung-allgemeine-impfpflicht.pdf (12.01.22)
[12] Hochstätter, „Impfpflicht: Letzte Rettung oder massiver Rechtsbruch?“, o S. „Grundlage des in der Medizin geläufigen Autonomieprinzips ist die Anerkennung der grundsätzlichen Freiheit des Menschen, die es gebietet, dass jede Handlung am Menschen immer danach beurteilt werden muss, ob diese den Respekt vor der Freiheit des anderen zur Geltung bringt. Aus diesem Grund ist in der Medizin der so genannte Informed consent, die Einwilligung nach Aufklärung, zur Vorbedingung eines jeden Eingriffs geworden. Die Einholung der Einwilligung ist somit das Verfahren, mit dem der Respekt vor der Autonomie zur Geltung gebracht wird.“ (Maio, Giovanni: Mittelpunkt Mensch: Ethik in der Medizin. Ein Lehrbuch, Stuttgart 2012, S. 123.)
[13] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 11.
[14] Positionspapier, Zugang zu einem VOVID-19-Impfstoff, S. 3.
[15] Vgl. Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 15.
[16] „Ob weitere Auffrischimpfungen für eine bestimmte Zeit oder regelmäßig, eventuell auch mit angepassten Impfstoffen, notwendig werden könnten, kann derzeit nicht vorhergesagt werden, sollte aber mitbedacht und offen kommuniziert werden.“ (Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 4 f.)
[17] Polansky, Martin: „Debatte um Impfpflicht Kubicki hofft auf Unterstützer“, ARD-Hauptstadtstudio, Tagesschau, 17.12.21, https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/debatte-impfpflicht-107.html (12.01.22)
[18] Hochstätter, „Impfpflicht: Letzte Rettung oder massiver Rechtsbruch?“, o S. „Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes lautet schließlich: ‚Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt.‘ Wer die Corona-Impfung verweigert, gefährdet in der Pandemie nachweislich das Recht auf Unversehrtheit anderer.“ (Ebd.)
[19] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 14 f.
[20] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 11.
[21] Hochstätter, „Impfpflicht: Letzte Rettung oder massiver Rechtsbruch?“, o S.
[22] „Corona-Impfpflicht Mehrere Anträge, ‚zügige‘ Entscheidung?“, Tagesschau, 12.01.22 https://www.tagesschau.de/inland/impfpflicht-verfahren-debatte-103.html (12.01.22)
[23] „Stiftung Patientenschutz – Brysch: Scholz sollte Impfpflicht aufgeben“, ZDF heute, 12.01.22, https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-impfpflicht-patientenschuetzer-brysch-scholz-100.html (12.01.22)
[24] Vgl. Mayer, Patrick; Schmid, Andreas, „News-Ticker, Vorschlag zur Corona-Impfpflicht? CDU-Politiker teilt gegen Scholz aus – ‚keine Führung‘“, Frankfurter Rundschau, online, 13.01.22. https://www.fr.de/politik/impfpflicht-deutschland-corona-wann-zeitpunkt-ampel-scholz-italien-fdp-cdu-csu-spd-zr-91231434.html (14.01.22)
[25] Ausgenommen von der Regelung sind Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.
[26] Vgl. Bundesministerium für Gesundheit, Zusammen gegen Corona https://www.zusammengegencorona.de/impfen/gesundheits-und-pflegeberufe-impfen/einrichtungsbezogene-impfpflicht/ (12.01.22) und Bundesministerium für Gesundheit, „Impfprävention im Bereich einrichtungsbezogener Tätigkeiten – Fragen und Antworten zur Impfprävention in Bezug auf einrichtungsbezogene Tätigkeiten“, Berlin, 28.12.21 [Bundesministerium für Gesundheit, „Impfprävention im Bereich einrichtungsbezogener Tätigkeiten“]  https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/2021-12-28_FAQ_zu_20a_IfSG.pdf (12.01.22)
[27] Bundesministerium für Gesundheit, „Impfprävention im Bereich einrichtungsbezogener Tätigkeiten“, S. 2.
[28] Vgl. Häseler, „Impfstoff gut, alles gut?“, o. S. „Der Grundsatz der Wohltätigkeit, insbesondere mit Blick auf die individuelle ärztliche Fürsorgepflicht, muss bei Priorisierungsentscheidungen im Konfliktfall zurücktreten.“ (Ebd.)
[29] Bundesministerium für Gesundheit, „Impfprävention im Bereich einrichtungsbezogener Tätigkeiten“, S. 2.
[30] Bundesministerium für Gesundheit, „Impfprävention im Bereich einrichtungsbezogener Tätigkeiten“, S. 3.
[31] Bundesministerium für Gesundheit, „Impfprävention im Bereich einrichtungsbezogener Tätigkeiten“, S. 4.
[32] Vgl. Bundesministerium für Gesundheit, „Impfprävention im Bereich einrichtungsbezogener Tätigkeiten“, S. 13-17.
[33] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 2.
[34] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 2.
[35] „Grundlage des in der Medizin geläufigen Autonomieprinzips ist die Anerkennung der grundsätzlichen Freiheit des Menschen, die es gebietet, dass jede Handlung am Menschen immer danach beurteilt werden muss, ob diese den Respekt vor der Freiheit des anderen zur Geltung bringt. Aus diesem Grund ist in der Medizin der so genannte Informed consent, die Einwilligung nach Aufklärung, zur Vorbedingung eines jeden Eingriffs geworden. Die Einholung der Einwilligung ist somit das Verfahren, mit dem der Respekt vor der Autonomie zur Geltung gebracht wird.“ Maio, Giovanni: Mittelpunkt Mensch: Ethik in der Medizin. Ein Lehrbuch, Stuttgart 2012, S. 123.
[36] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 5.
[37] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 5.
[38] Diese Systemverschränkung ist für medizinethische Fragen typisch. Hier prallen stets diverse Werte- und Moralkontexte aufeinander: „Die Werte des Arztes, des Patienten oder die Vorgaben der Rechtsordnung – welches Wertesystem sollte den Ausschlag für die zu treffenden Entscheidungen geben?“ (Monteverder, Settimio; Krones, Tanja; Biller-Andorno, Nikola; Eichinger, Tobias, „Medizinethik – Eine Einführung“, in: Dies. (Hrsg.): Medizinethik, Wiesbaden 2021, S.6.) „Wenn man sich näher mit medizinethischen Fragen beschäftigt, wird man schnell feststellen, dass Prinzipien der Komplexität von Entscheidungssituationen oft nicht gerecht werden können, da sie die Unverwechselbarkeit und Einzigartigkeit der Situation, in der eine Entscheidung verlangt wird, nicht einfangen können.“ (Maio, Giovanni: Mittelpunkt Mensch: Ethik in der Medizin. Ein Lehrbuch, Stuttgart 2012, S. 172.)
[39] Vgl. Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 5.
[40] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 5.
[41] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 6.
[42] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 6.
[43] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 6. „Zu berücksichtigen ist damit zugleich die zeitliche Reihenfolge möglicher Handlungsalternativen und die Dringlichkeit staatlicher Reaktionen. So wird zu Recht darauf hingewiesen, die Erforderlichkeit einer Impfpflicht scheitere nicht schon allein deshalb, weil sie stets einen gewissen zeitlichen Vorlauf benötigt […]  Ebenso wird man zwar staatliches Vorverhalten nicht völlig außer Acht lassen können; in einer akuten Notlage dürfte aber der Verweis auf ungenügende staatliche Vorarbeiten nicht ausreichen, konkrete Maßnahmen auszuschließen. Deshalb genügen die oben genannten Defizite der Impfstrategie für sich gesehen nicht, um eine allgemeine Impfpflicht pauschal für nicht erforderlich zu erklären. Allerdings ist vor dem Hintergrund dieser Defizite wie der benannten zeitlichen Abläufe zu begründen, warum ohne eine gesetzliche Impfpflicht auch für die Zukunft keine ausreichend hohe Impfquote zu erwarten wäre, selbst wenn die entsprechenden Anstrengungen intensiviert würden und die freiwilligen Impfungen zunähmen.“ (Ebd.)
[44] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 6.
[45] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 7.
[46] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 7.
[47] Vgl. Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 17.
[48] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 17 f.
[49] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 18.
[50] Vgl. Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 12.
[51] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 12.
[52] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 12.
[53] Deutscher Ethikrat, ad-hoc-Empfehlung zur Impfpflicht, S. 17.

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